Auf die Erstattung von ausgelegtem Geld für Verhinderungspflege, die vor dem Tod des zu Pflegenden ausgeführt und bezahlt wurde und erst danach abgerechnet wird, hatten bis zum Juli 2021 auch die Erben rechtlich nur dann einen Anspruch, wenn die VHP vorher beantragt oder auf andere Weise bei der Krankenkasse „angezeigt“ war. Ich stelle hier die Lage vor und nach diesem Datum dar.
Rechtliche Lage für VHP VOR dem Juli 2021
Dass die bis zum Juli 2021 durchgeführte und bezahlte Verhinderungspflege bei einem (plötzlichen) Tod des zu Pflegenden durch die Kranken-/Pflegekasse nur erstattet werden muss, wenn die VHP vorher beantragt war, ist insofern schwierig zu verstehen, da man VHP ja eigentlich nicht beantragen muss. Der Grund liegt jedoch an den rechtlichen Regelungen für die Rechtsnachfolge für Geldleistungen aus dem Sozialgesetzbuch (SGB).
Viele KK sind kulant und erstatten die ausgelegte VHP trotzdem. Aber einige stützen sich auf die rechtlichen Regelungen und verweigern die Erstattung – auch wenn der zu Pflegende überraschend verstorben ist.
Verhinderungspflege abrechnen nach dem Tod des zu Pflegenden – Urteil des Bundessozialgerichts
Es gibt ein Urteil des Bundessozialgerichts aus 2018 zur Frage, ob VHP auch nach dem Tod des zu Pflegenden abgerechnet werden kann (B 3 P 27/17 – den Wortlaut findet Ihr hier).
Im Ergebnis:
In dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall erkennt das Gericht die Abrechnung kurz nach dem Tod NICHT als rechtmäßig an. Nicht nur deshalb, weil die Antragstellerin (langjährige Lebensgefährtin ohne Vollmacht o.ä.) nicht Erbin (also Rechtsnachfolgerin) war, sondern insbesondere deshalb nicht, weil die Abrechnung erst einige (kurze!) Zeit nach dem Tod weggeschickt wurde. Im dem Fall im Urteil war die Abrechnung schon fertig (auch unterschrieben) und hätte nur noch zur Post gebracht werden müssen.
Das Gericht stützt sich in der Begründung auf §59 SGB I. Danach gibt es keine Rechtsnachfolge (also Anspruch der Erben) auf Dienst- und Sachleistungen des SGB und auf Geldleistungen nur dann, wenn sie im Zeitpunkt des Todes bereits „festgestellt“ waren oder ein Verwaltungsverfahren darüber anhängig ist.
§ 59 SGB I als einschlägige Regelung für die Abrechnung von Verhinderungspflege nach dem Tod des zu Pflegenden
Der Wortlaut von § 59 SGB I:
§ 59
Ausschluß der Rechtsnachfolge
Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen erlöschen mit dem Tode des Berechtigten.
Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist.
Das heißt, dass auch als Erbe die Rechtsnachfolge nicht den Anspruch auf den Ersatz der Verhinderungspflege umfasst. Schon gar nicht kann man vier Jahre lang noch abrechnen. Vielmehr erlöschen die Ansprüche auf Geldleistungen, wenn sie nicht bereits „festgestellt“ wurden.
Festgestellt werden kann VHP zB, wenn man vor dem Tod des zu Pflegenden einen Antrag bei der KK gestellt hat, also damit „angekündigt“ hat, dass VHP abgerechnet werden soll. In diesem Fall ist der Antrag (den man ja eigentlich vorab nicht machen muss) tatsächlich mal nützlich.
Das heißt, dass es sich empfiehlt, wenn zu befürchten ist, dass der zu Pflegende verstirbt, einen Antrag auf VHP ausnahmsweise vor der VHP Maßnahme zu stellen. Damit könnten die Ansprüche „festgestellt“ sein.
Die Anwendung des § 59 in diesem Fall scheint ungerecht, weil ja eigentlich kein Antrag auf VHP vorher gestellt werden muss. Verstirbt der zu Pflegende überraschend vor der Abrechnung des ausgelegten Geldes, hat man rechtlich keine Chance, es zurück zu bekommen, auch nicht als Erbe, da § 59 eine Rechtsnachfolge ausschließt (oft ist die Kasse da aber kulant, wenn vom Erben zeitnah abgerechnet wird. Müssen tut sie das aber nicht).
Rechtslage seit dem 20. Juli 2021
Seit Juli 2021 können Angehörige von Pflegebedürftigen auch noch 12 Monate nach deren Tod die Kosten für bestimmte Pflegeleistungen, so z.B. für die Verhinderungspflege, von der Pflegekasse zurückverlangen. Der Gesetzgeber hat durch das „Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz“ (GVWG) einen entsprechenden Anspruch im SGB verankert, auch ohne dass vorab ein Antrag auf VHP gestellt wurde. Wichtig ist aber, dass dies „innerhalb von 12 Monaten nach dem Tod des Berechtigten“ (das ist der Pflegebedürftige) die Ansprüche bei dessen Pflegekasse eingereicht werden. Das regelt der neue § 35 SGB XI. Dabei geht es nur um erstattungsfähige Ausgaben – in erster Linie Kosten für Hilfsmittel und Verhinderungspflege sowie für Leistungen aus dem Entlastungsbetrag (§ 45b SGB XI). Wichtig ist, dass das Geld für die VHP schon bezahlt worden sein muss der Wortlaut des §35 spricht von „Ansprüchen auf Kostenerstattung“, die noch ein Jahr nach dem Tod geltend gemacht werden können.
Rückwirkende Erstattung von VHP vor der Neuregelung
Fraglich ist, ob die neue Regelung auch für Rechnungen vor dem Inkrafttreten der neuen Regelung gilt. Das Bundesgesundheitsministerium teilt dazu mit: „Die Frage, ob der neue Paragraf 35 Satz 3 SGB XI auch rückwirkend Geltung beanspruchen kann, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Jedenfalls ist aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit eine rückwirkende Anwendung nicht ausgeschlossen“.
Klarer äußerte sich zu dieser Frage der GKV-Spitzenverband. Dieser befand, dass es nicht darauf ankomme, dass der Versicherte ab dem 20. Juli 2021 verstorben sei. „Entscheidend ist, dass die Leistungen vor dem Tod des Pflegebedürftigen entstanden sind“. Praktisch bedeutet dies: Ist ein Pflegebedürftiger etwa im Dezember 2020 verstorben, so können nicht erstattete Rechnungen derzeit – im Oktober 2021 – noch eingereicht werden, da die Rechnungen innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tod des Versicherten bei der Pflegekasse vorliegen müssen.
Wer mehr zum Thema Verhinderungspflege lesen möchte, findet relevante Informationen hier:
Verhinderungspflege – was ist das?
Verhinderungspflege Vorpflegezeit
Verhinderungspflege und Steuer
Antrag auf Verhinderungspflege – Mythen, Falschaussagen und Fragen rund um die Verhinderungspflege
Der Antrag auf Verhinderungspflege wurde bei der Krankenkasse gestellt und genehmigt. Für die Monate September, Oktober, November wurde Verhinderungspflege gemacht. Im Dezember kam der zu Pflegende ins Krankenhaus. Der zu Pflegende liegt im Sterben, muss der Antrag jetzt noch weggeschickt werden? Ist es nach dem Tod zu Spät. Wie gesagt, genehmigt ist er.
Liebe Nicole,
mit dem Antrag ist den rechtlichen Bestimmungen, VHP auch nach dem Tod des zu Pflegenden abrechnen zu können, eigentlich Genüge getan. Wenn Sie sicher gehen wollen, rufen Sie kurz bei der Krankenkasse an. Alles Gute!
Bea
Ist bekannt, ob Nicole den Erstattungsantrag gestellt hat? Und wenn ja: Mit welchem Ergebnis?
Es wäre schön, wenn Fragesteller das Ergebnis ihres jeweiligen Beitrags bekannt geben würden.
Meine Schwester ist am 30.12.2018 verstorben … jetzt haben wir eine Rechnung bekommen von 1000 Euro die wir bezahlen sollen von der Pflegestation wo sie kurzzeitig betreut wurde … die aok hat die Zahlung abgelehnt da wir keinen Antrag auf kurzzeit Pflege gestellt hatten …. jetzt nach 20 Monaten na dem tot meiner Schwester kommt die Rechnung etwas spät … können wir im Nachhinein noch einen Antrag auf kurzzeit Pflege für den Zeitraum stellen bei der aok .. das die Kosten von denen übernommen werden mit freundlichen Grüßen Frau Linde
Hallo,
ich habe genau dieses Problem. Stundenweise Verhinderungspflege wurde im Jahr 2018 (unbefristet) durch die Pflegeversicherung bewilligt. Nachdem mein Vater unerwartet verstorben ist, lehnt die Kasse eine Erstattung der Aufwendungen ab. Weil ich psychisch nicht handlungsfähig war, ist vor Antragstellung noch einige Zeit verstrichen.
1. Aus meiner Sicht ein Fall wie der hier tematisierte. Liege ich mit dieser Annahme richtig?
2. Existiert Rechtssprechung zum Sachverhalt?
LG aus Duisburg
Niemand?
Hallo Frankieboy,
der Fall wurde hier schon ein paar Mal besprochen. Die rechtliche Regelung ist eindeutig, nach dem Tod kann nichts mehr beantragt werden, wenn nicht schon ein Antrag gestellt war. Es wäre reine Kulanz der Krankenkasse.
Der Antrag auf Verhinderungspflege war gestellt und bewilligt. Nur die Rechnungen waren noch nicht eingereicht.
Ich beziehe mich auf folgendes Zitat aus dem Beitrag: „Das heißt, dass es sich empfiehlt, wenn zu befürchten ist, dass der zu Pflegende verstirbt, einen Antrag auf VHP ausnahmsweise vor der VHP Maßnahme zu stellen. Damit könnten die Ansprüche „festgestellt“ sein.“
Dieser Fall wurde in dieser Konstellation m.E. npch nicht besprochen. Wenn doch, bitte ich um einen Hinweis – ich habe jedenfalls nichts finden können.
Ich habe für meine Mutter jährlich Verhinderungspflege abgerechnet auf diesen Formular steht ob noch weitere Anträge benötigt werden habe ich mit ja angekreuzt das heißt wurde mir auch zugeschickt also ist für das nächste Jahr ein Antrag gestellt meine Mutter ist plötzlich verstorben habe für die Zeit nach dem Tod abgerechnet
Hallo zusammen wie rechnet man mit der Krankenkasse ab ?
Was soll ich auf der Quittung genau eintragen?
Hallo Sabine,
lies mal diesen Beitrag (und ggf auch die allgemeinen Beiträge auf meiner Seite zur VHP), da steht alles zur Abrechnung drin.
Hallo Meine Mutter hat Verhinderungsgeld Antrag in Lebzeit noch gestillt leider 14 Tage später verstorben. Ich bin die Tochter und meine Mutter hat sogar 30 Jahre bei mir zusammen im gemeinsamen Haushalt gelebt ich habe meine Mutter gepflegt und auch ich war Bevollmächtigter über ihre Verhinderungsgeld Pflegegeldpension und alles. Von der Pflegekasse wird von mir verlangt Gerichtserbe Entscheidung falls es doch Geschwister hat wurde gesagt dass es gleichmäßig aufgeteilt wird. Meine Frage lautet wenn ich bevollmächtigt bin und wenn ich als einzige Kind meine Mutter gepflegt habe und natürlich wenn ich auf Urlaub gefahren bin eine Vertretung gefunden habe und wenn meine Mutter das noch im Lebzeit Verhinderungsgeld Antrag gestellt hat ist es nicht so das ist das ich als pflegende Person also ihre Tochter wo sie gelebt hat und von wem sie bettlägerig ist Verhinderungsgeld bekomme . Weill ich das aus eigene Tasche bezahlt habe
Hallo Marjana, hast dazu schon eine Antwort erhalten? Uns geht es ähnlich mit dem Erbschein. Plötzlich soll hier noch Erbe geteilt werden (Geld von der VHP), Termine für den 73 jährigen Vater, der die verstorbene Mutter betreut hat, wo man noch in Trauer ist. Alles eh schon belastend, und wegen paar Euro VHP Rückzahlung eine Bürokratie ohne gleichen. Da denkt man sich schon, ob es das alles wert ist die ganzen Zettel auszufüllen. Und dann diese Aussage, wenn abzusehen ist das der Angehörige bald stirbt… Wer noch nie eine Person betreut hat, der sollte das mal tun, da denkt man an andere Sachen als ans Abschicken von Formularen zur Auszahlung von VHP. Hoffe du bekommst dein Rückzahlung – willkommen im Bürokraten Staat.
Hallo, Bea
…ich habe eine Frage zur VHP meines verstorbenen Vaters. Er hatte seit 10/2020 Pflegegrad 3 und ich als Pflegender wurde seitdem (eigentlich auch schon Monate vorher) auch über die VHP stundenweise unterstützt, da meine Frau schwer erkrankt als Frührentnerin ebenfalls meine Unterstützung brauchte.
Im Dezember 2021 ist er plötzlich und unerwartet verstorben. Nun möchte ich die entstandenen Kosten, die ich an einen Freund entrichtet hatte, erstattet haben.
Kann ich die Kosten seit 10/2020 auch geltend machen? Oder erst nach der 6-Monatsfrist eines bestehenden Pflegegrades? Vielen Dank im Voraus, Peter
Hallo Peter, Du solltest das mit der Krankenkasse klären. Nach dem Tod kann man max. 1 Jahr rückwirkend VHP abrechnen. Alles andere ist Kulanz.
Ein Jahr lang abrechnen oder für ein Jahr? Kurz gesagt: Wenn im Jan 23 verstorben, kann ich dann im Februar 23 für das Jahr 20 und 21 noch VHP abrechnen?
Eigentlich für ein Jahr rückwirkend. Alles andere ist Kulanz.
Halló,
Der Fall… ich bin vorsorgeberächtigte gewesen seit Jahren. Im November verhinderungspflege Antrag gestellt. Wurde bewilligt eine Auszahlung auf ein falsches Konto gelaufen. Am 26.12 ist dann die Person ohne Vorwarnung verstorben. Jetzt wird mir gesagt mir das Geld nicht ausgezahlt wird. Obwohl die Bewilligung noch im nov zugesagt wurde. Das das Geld dem Erben zusteht… ich habe als nicht Verwandte das ausgelegt . Was stimmt da nicht ?
Hallo, gegenüber der Krankenkasse hat nur das versicherte Mitglied einen Anspruch und dieser geht nach dem Tod auf die Erben über. Man kann sich in einem solchen Fall dann das ausgelegte Geld von den Erben zurück holen.
Hallo zusammen habe eine frage und stehe echt auf dem schlauch. Würde mich freuen wenn ich eine Antwort erhalten könnte. Mama ist diesen Sommer verstorben habe jetzt rückwirkend verhinderungspflege beantragt aber da gibt es ein Satz wo ich nicht weiß ob ich den ankreuzen muss oder nicht der lautet:
Ich wurde zum Zeitpunkt des Todes von der Verstorbenen wesentlich unterhalten.
Verstehe nicht was es damit zutun hat.
MFG
Hallo Habibe,
ich habe keine Ahnung, was das mit der VHP zu tun hat. Verstehen würde ich es so, dass sie wissen wollen, ob die Verstorbene wesentlich für deinen Unterhalt aufgekommen ist. Wenn du es genauer wissen willst, ruf bei der KK an.